Der Schmerzpatient in der Arztpraxis: Eine Herausforderung · 2020. 3. 11. · • Identifikation von Schmerzpatienten und Lokalisation von Schmerz • Schmerzbehandlung bei Tumor- - [PDF Document] (2024)

  • Der Schmerzpatient in der Arztpraxis: Eine Herausforderung

    Dr. med. Achim BechtoldFacharzt fürAnästhesie,Schmerztherapiezentrum Villingen-Schwenningen

    Dr. med. Yvonne GrässlinFachärztin für Innere Medizin,

    Schmerztherapiezentrum Villingen-Schwenningen

    Dr. Ernst PallenbachFachapotheker für

    Klinische Pharmazie, Abrechnungszentrum

    Emmendingen

  • • Dr. med. Achim Bechtold:• Keine

    • Dr. med. Yvonne Grässlin:• Keine

    • Dr. Ernst Pallenbach:• Keine

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    Interessenkonflikte

  • • Identifikation von Schmerzpatienten und Lokalisation vonSchmerz• Schmerzbehandlung bei Tumor- /Nicht-Tumorpatienten•Arzneimitteltherapie: Opioide, Nicht-Opioide, Co-Analgetika

    • Opioide: Die wichtigsten Vertreter (Kurzmonographie)• UAWunter Opioiden• Opioid-Rotation (wann indiziert), Kombination,Äquivalenzdosen• Therapie mit Schmerzpflastern (Fentanyl undBuprenorphin)• Langzeitmedikation mit Opioiden beiNicht-Tumorpatienten (LONTS)• Beenden einer Dauermedikation•Co-Analgetika mit Schwerpunkt Pregabalin

    • Prinzip der Multimodalen Schmerztherapie• Zusammenfassung /Take-Home Messages• Links und Literatur

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    Inhaltsverzeichnis

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    Identifikation von Schmerzpatienten und Lokalisation vonSchmerz

  • Im Rahmen Ihrer Online-Fortbildung werden folgende Fragenbesprochen:

    • Wie diagnostiziere und bewerte ich chronische Schmerzen beimeinemPatienten?

    • Welche Arzneimittelgruppen stehen zur Schmerzbehandlung zuVerfügung?

    • Welche Opioide stehen zur Therapie starker Schmerzen zuVerfügung?

    • Was ist bei der Verordnung von Opioiden zu beachten?

    • Was ist bei der Behandlung mit Schmerzpflastern zubeachten?

    • Welche Co-Analgetika sind sinnvoll?

    • Was beinhaltet die Multimodale Schmerztherapie?

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    Schmerzbehandlung in der Hausarztpraxis (1)

  • • Akuter Schmerz ist ein Warnsignal des menschlichen Körpers.Über diese Schutzfunktion hinaus ist akuter und besonderschronischer Schmerz körperlich und psychisch sehr belastend undbedarf einer strukturierten Therapie.

    • Chronische Schmerzen sind nicht nur Begleitsymptome einerErkrankung, sondern können sich zu selbstständigenKrankheitsbildern entwickeln. Durch Arbeitsunfähigkeit undBehandlungen entstehen zudem hohe Kosten.

    • Die moderne Schmerztherapie besteht aus fünf Säulen:• dermedikamentösen, • der physiotherapeutischen, • derpsychotherapeutischen, • der sozialen und • der invasivenSäule.

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    Schmerzbehandlung in der Hausarztpraxis (2)

  • Eine erfolgreiche Behandlung basiert auf einer differenziertenkörperlichen Untersuchung. Folgende Fragen sind besonderswichtig:

    • Wann haben die Schmerzen begonnen?

    • Wo treten die Schmerzen auf? (Wichtig: Fingerzeig)

    • Wie fühlen sich die Schmerzen an (z. B. dumpf, stechend,ausstrahlend)?

    • Wodurch werden die Schmerzen gelindert oder verstärkt?

    • Wie häufig treten die Schmerzen auf?

    • Wann treten die Schmerzen besonders häufig oder stark auf?

    • Wie stark sind die Schmerzen?

    • Welche Strategien zur Schmerzkontrolle hat der Patient bislanggenutzt?

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    Diagnostik von Schmerzen

  • 8https://www.asist.de/schmerzfragebogen

    …mit Hilfe des Schmerzfragebogens

    Differenzierte Lokalisation von Schmerzen

  • Analgetika lassen sich hinsichtlich der chemischen Struktur, derWirkungsstärke und des Wirkungsspektrums einteilen. Gebräuchlichist die Einteilung in Opioide und Nicht-Opioide sowieCo-Analgetika:

    • Nicht-Opioid-Analgetika wie Ibuprofen, Paracetamol oderNovaminsulfon• Opioid-Analgetika wie Morphin, Tilidin oderTramadol• Co-Analgetika wie Amitriptylin oder Pregabalin

    Im Rahmen dieser Fortbildung wird schwerpunktmäßig die Therapiemit Opioiden sowie relevanten Co-Analgetika behandelt.

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    Schmerzmittelgruppen

  • 10

    Schmerzbehandlung bei Tumorpatienten undNicht-Tumorpatienten

  • Prinzipien bei der Behandlung von Tumorschmerzen

    • Eine Schmerztherapie beim Tumorpatienten darf nicht zuzurückhaltend erfolgen.

    • Soll ein gutes Resultat erreicht werden, so muss dem Patienten(eventuell auch den Angehörigen) die Angst vor «Betäubungsmitteln»und vor einer regelmäßigen Schmerzmittel-Einnahme genommenwerden.

    • Durch regelmäßige Gabe von (retardierten) Schmerzmitteln rundum die Uhr sollen Schmerzen so gut wie möglich kontrolliert werden.Nur so kann der Kreislauf Schmerz – Angst - Depression - Schmerzunterbrochen werden.

    • Die Zahl der Opioid-Verordnungen in Deutschland steigt starkan. Der überwiegende Anteil (77 %) erfolgt fürNicht-Tumorpatienten.

    11Schubert, I. et al., Deutsches Ärzteblatt 110, 45 (2013)

    Schmerzen bei Patienten mit Tumoren (1)

  • Die medikamentöse Säule zur Behandlung von Tumorschmerzen beruhtauf dem WHO – Stufenschema und umfasst drei Gruppen von Analgetikaund kann durch Co-Analgetika ergänzt werden.

    12https://www.google.de/search?q=who-stufenschema&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwjU66PivtDcAhWhNOwKHZ2qAxAQ_AUICigB&biw=1366&bih=631#imgrc=IE1dCLW4j_FGDM:

    Wie verordnen?

    Stufe-III-Analgetika:BTM-RezeptStufe-II-Analgetika:Standardrezept

    Schmerz

    Schmerzen bei Patienten mit Tumoren (2)

  • Opioid-Analgetika sind nicht Mittel der ersten Wahl bei derLangzeitanwendung chronischer nicht-tumorbedingter Schmerzen! •Welche Schmerz-Patienten sollten eine kurzzeitige Opioidtherapieerhalten? • Wann ist eine längere Behandlung vertretbar?

    Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen MedizinischenFachgesell-schaften (AWMF) hat dazu die S3-Leitlinie LONTS zurLangzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzenaktualisiert (s. Links und Literatur).

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    Indikationen für eine befristete Therapie mit Opioiden sindchronische Schmerzen • bei diabetischer Nervenschädigung,• nachGürtelrose,• Arthrose,• chronische Rückenschmerzen.

    Schmerzen bei Patienten ohne Tumoren (1)

  • Prinzipien bei der Behandlung: Die LONTS-Leitlinie(Langzeitanwendung von Opioiden beiNicht-tumorbedingten-Schmerzen)

    • Die Leitlinie unterscheidet eine befristete (ein bis dreiMonate) von einer Langzeitanwendung (länger als drei Monate) vonOpioiden.

    • Bei anderen nicht tumorbedingten Schmerzen (sekundäreKopfschmerzen, Schmerzen bei Osteoporose u. a.) kann eine Therapiemit Opioiden als individueller Therapieversuch erfolgen.

    • Vor allem Migräne- und Spannungskopfschmerzen, Schmerzen beiseelischen Störungen (Depressionen u. a.) und funktionellenStörungen wie Reizdarm und Fibromyalgie sollen nicht länger mitopioidhaltigenSchmerzmitteln behandelt werden.

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    Schmerzen bei Patienten ohne Tumoren (2)

  • • Initiale Behandlungskontrolle nach ein bis zwei Wochen

    • Nach sechs Wochen Anwendung: Überprüfung derSchmerzlinderung

    • Langzeitverordnung nur nach interdisziplinärer Prüfung

    • Versuch einer Opioidpauseoder Dosisreduktion nach drei bissechs Monaten

    • Einbeziehung von Schmerz-therapeuten

    15https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/145-003.html:

    Schmerzen bei Patienten ohne Tumoren (3)

  • 16Modifiziert nachhttps://www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/AVP:

    1. Belegte Wirksamkeit 2. IndividuellerTherapieversuch

    3. Nicht empfohlen/Keine Wirksamkeit

    - Diabetische Polyneuropathie - Chronische Schmerzen beiOsteoporose

    - Primäre Kopfschmerzen

    - Evtl. andere neuropathische Schmerzen (Postzosterneuralgie,Radikulopathien, Polyneuropathien)

    - Chronische postoperative Schmerzen - Funktionelle Störungen(e.g. Reizdarm, Fibromyalgiesyndrom)

    - Arthroseschmerzen - chronischer Rückenschmerz

    - Chronische Ischämieschmerzen der Extremitäten

    - Schmerzen als Symptom von primär psychiatrischen bzw.affektiven Erkrankungen

    - Chronische Weichteilschmerzen bzw.Kontrakturen

    - Chronische Pankreatitis

    - Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS)

    - Chronisch-entzündliche Darm-erkrankungen

    Indikationen für eine Opioid-Therapie beiNicht-Tumorschmerzen

  • Die "klassischen" Opioid-Wirkungen

    • Reduktion der geistigen Aktivität (sedative Wirkung)

    • Herabsetzen der Schmerzempfindung (analgetische Wirkung)

    • Beseitigung von Angstgefühlen (tranquillisierende Wirkung)

    • Erhöhung der Stimmungslage (euphorische Wirkung)

    • Hemmung des Atemzentrums (atemdepressive Wirkung)

    • Hemmung des Hustenzentrums (antitussive Wirkung)

    • Stimulation des Brechreizes (emetische Wirkung)

    • Pupillenverengung (miotische Wirkung)

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    Wirkungen und Nebenwirkungen von Opioiden (1)

  • Typische Nebenwirkungen von Opioiden – Zentral

    • Sedierung (sedativ-hypnotische Wirkung)• Atemdepression(besonders in Kombination mit Neuroleptika u. a.)• Hustendämpfung•Blutdrucksenkung (durch dämpfende Wirkung auf sympathische Zentrenin

    Hirnstamm > Vasodialatation und Abnahme der Herzfrequenz,Orthostasesyndrom)

    • Miosis• Toleranz, physische und psychische Abhängigkeit (nachwiederholter

    Anwendung, Kreuztoleranz, psychische Abhängigkeit durch Euphorienach steilem Anstieg der Konzentration im Gehirn Verlangen nachSchmerzbefreiung ist keine psychische Abhängigkeit)

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    Wirkungen und Nebenwirkungen von Opioiden (2)

  • Typische Nebenwirkungen von Opioiden – Peripher

    • Obstipation (durch Kontraktion der glatten Muskulatur desMagen-Darmtraktes und opioidbedingte Dämpfung desDefäkationsreflexes) (in 90 % der Behandlungen)

    • Übelkeit (in 30 % der Behandlungen)

    • Druckerhöhung in Gallenwegen (durch Kontraktion der glattenMuskulatur des Sphinkter Oddi und der Gallenblase undGallengänge)

    • Harnverhalt (durch Kontraktion der glatten Muskulatur derHarnleiter)

    • Juckreiz, Hautjucken (u. a. durch Histaminfreisetzung)

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    Wirkungen und Nebenwirkungen von Opioiden (3)

  • • Verordnung erst nach differenzierter Diagnostik

    • Keine Kombination verschiedener Opioide:

    • Stufe II und Stufe III Opioide (z. B. Tramadol + Morphin)

    • zeitgleiche Verordnung von verschiedenen StufeIII-Opioiden

    • Kombination mit partiell-antagonistischen Opioiden (z. B.Buprenorphin)

    Ursache: Die verschiedenen Opioide konkurrieren um die freienRezeptoren.

    Anders als bei Kombination mit Stufe-I-Analgetika ist keinadditiver Effekt zu erwarten.

    • Möglichst mit oraler Therapie beginnen

    • Bevorzugte Verordnung von retardierten Opioiden beichronischen Schmerzen

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    Worauf muss bei der Verordnung von Opioiden geachtet werden?

  • • Retardierte Präparate tragen zu einer konstantenSchmerzkontrolle bei.

    • Unterdosierungsbedingte Schmerzphasen und Intoxikationentreten seltener auf.

    • Gegen Schmerzspitzen bei Tumorpatienten: Wirkstoffgleiche (!)schnell-freisetzende Präparate verordnen!

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    Zeit

    Zeit

    Überdosierung

    Wirksamer Bereich

    Unwirksamer Bereich

    retardierte Opioide,nach Zeitplan

    schnellfreisetzendeOpioide nach Bedarf

    Zeit

    Zeit

    Überdosierung

    Wirksamer Bereich

    Unwirksamer Bereich

    Retardierte oder nicht retardierte Präparate?

  • Worauf muss bei der Verordnung von Opioiden geachtet werden?

    • Bei drohendem Durchbruchschmerz (nur bei Tumorschmerz!)zusätzliche Verordnung von schnell wirkenden Zubereitungen desgleichen (!) Wirkstoffs

    • Verordnung der notwendigen Begleitmedikation (z. B.Laxanzien)

    • Analgetika-Verordnungen aus einer ärztlichen Hand

    • Klare Anweisung des Patienten / Zeitschema vorgeben

    • Hinweis auf mögliche UAW, besonders Übelkeit, Obstipation underhöhte Sturzgefahr

    • Engmaschige Patientenführung, besonders in Initial- oderUmstellungsphase

    • Rationale und wirtschaftliche Therapie zur Vermeidung vonRegress-forderungen

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  • Fahrtüchtigkeit unter Opioiden?

    • Insbesondere bei Beginn oder Umstellung einer Opioidtherapieund bei Kombination mit anderen sedierenden Medikamenten kann dasReaktions-vermögen soweit beeinträchtigt sein, dass die Fähigkeitzur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen vonMaschinen eingeschränkt ist.

    23hwww.fnp.de/ratgeber/gesundheit/Bei-Medikamenteneinnahme-Fahrtuechtigkeit-kritisch-abwaegen;art296,552523:

    • Darüber muss der Patient aufgeklärt werden. Die Aufklärung istschriftlich zu dokumentieren.

    • Unter einer stabilen Einstellung mit retardierten Opioiden istdie Fahrtüchtigkeit üblicherweise nicht wesentlichbeeinträchtigt.

    • Der Patient ist selbst verantwortlich, nur aktiv amStraßenverkehr teilzunehmen, wenn er körperlich und geistig dazu inder Lage ist.

  • Arzneimitteltherapie: Opioide, Nicht-Opioide, Co-Analgetika

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    Arzneimitteltherapie: Opioide, Nicht-Opioide, Co-Analgetika•Opioide: Die wichtigsten Vertreter (Kurzmonographie)• UAW unterOpioiden• Opioid-Rotation (wann indiziert), Kombination,Äquivalenzdosen• Therapie mit Schmerzpflastern (Fentanyl undBuprenorphin)• Langzeitmedikation mit Opioiden beiNicht-Tumorpatienten (LONTS)• Beenden einer Dauermedikation•Co-Analgetika mit Schwerpunkt Pregabalin

  • Differenzierter Einsatz von Opioiden - Tramadol

    Tramadol – WHO-Stufe II

    • Schwach wirkendes Opioid • Einsatz bei mittelstarken bisstarken Schmerzen • Agonist am μ-Opioidrezeptor• SelektiverNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmer• Breites Spektrum anZubereitungen (Tropfen, Zäpfchen, Ampullen, retardiert

    und nicht retardierte Präparate)• Eher selten Obstipation undMiktionsstörungen• Häufig Übelkeit und Erbrechen• Obere Dosisgrenzebei 400 bis 600 mg/Tag• Vorsicht bei Niereninsuffizienz (50 % wirdrenal eliminiert)• Mittlere Tagestherapiekosten (nach definiertenTagesdosen DDD): 1,00 €

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  • Tilidin (mit Naloxon) – WHO-Stufe II / III

    • Behandlung starker und sehr starker Schmerzen

    • Prodrug: Wird in der Leber zur Wirkform Nortilidinmetabolisiert

    • Zur Vorbeugung von Missbrauch existiert Tilidin in fixerKombination mit Naloxon. Naloxon ist nach peroraler Gabe intherapeutischen Dosierungen vernachlässigbar, hebt jedoch dieWirkung des Tilidins nach (unzulässiger) parenteralen Gabe auf.

    • Zur Verordnung von schnell wirksamen Zubereitungen (Tropfen)ist ein BTM-Rezept erforderlich!

    • Tilidin-Tropfen werden häufig missbraucht (Rezeptfälschungenund Dieb-stähle). Nach Möglichkeit sollten retardierteZubereitungen verordnet werden.

    • Mittlere Tagestherapiekosten (nach definierten TagesdosenDDD): 1,10 €

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    Differenzierter Einsatz von Opioiden – Tilidin (mit Naloxon)

  • Morphin – WHO-Stufe III

    • Stark wirksames Opioid

    • Hohe Affinität zu Opioidrezeptoren

    • Unbegrenzter Dosisbereich

    • Referenzopioid laut WHO mit jahrzehntelangerAnwendungserfahrung

    • Breites Spektrum an Applikationsarten (parenteral, oral,rektal) und breites Spektrum an Zubereitungen (retardiert, nichtretardiert)

    • Mittlere Tagestherapiekosten (nach definierten TagesdosenDDD): 1,70 € (oral), 6,50 € (parenteral)

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    Differenzierter Einsatz von Opioiden - Morphin

  • Hydromorphon – WHO-Stufe III

    • Stark wirksames Opioid

    • Hohe Affinität zu Opioidrezeptoren

    • Wirkdauer 9 – 12 h (Cave: Nicht retardierte Präparate sindkürzer wirksam)

    • Jahrzehntelange Anwendungserfahrung

    • Dynamische Therapie durch Verfügbarkeit verschiedenerZubereitungen (retardiert, rektal, parenteral)

    • Das Fehlen von aktiven Metaboliten bei der Metabolisierungreduziert UAW niedrige Plasma-Eiweißbindung > wenigWechselwirkungen

    • Vorteilhaft bei Patienten mit chronischerNiereninsuffizienz

    • Mittlere Tagestherapiekosten (nach definierten TagesdosenDDD): 5,85 €

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    Differenzierter Einsatz von Opioiden - Hydromorphon

  • Oxycodon – WHO-Stufe III

    • Stark wirksames Opioid, wird bevorzugt bei neuropathischenSchmerzen eingesetzt

    • Hohe orale Bioverfügbarkeit

    • Schnelles Anfluten erhöht Missbrauchsgefahr

    • Hohe Affinität zu Opioid Rezeptoren

    • Schnellerer Wirkungseintritt als bei anderen retardiertenOpioid Präparaten

    • Mittlere Tagestherapiekosten (nach definierten TagesdosenDDD): 5,00 €

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    Differenzierter Einsatz von Opioiden - Oxycodon

  • Oxycodon mit Naloxon – WHO-Stufe III

    • Naloxon-Zusatz soll Opioid-induzierte Darmträgheit mindern

    • Dennoch benötigen 50 % der Patienten Laxanzien

    • Schnelles Anfluten erhöht Missbrauchsgefahr

    • Nachteilig: Fixe 2:1-Kombination (Wirkstoff mitunterschiedlicher Kinetik)

    • Maximaldosis: 80/40 mg: Ist höhere Dosis erforderlich, mussmit Oxycodon(Mono) kombiniert werden.

    • Mittlere Tagestherapiekosten (nach definierten TagesdosenDDD): 8,00 €

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    Differenzierter Einsatz von Opioiden – Oxycodon/Naloxon

  • Fentanyl – WHO-Stufe III

    • Stark wirkendes Opioid • Einsatz bei starken Schmerzen•Parenteral und transdermal verfügbar• Oral / transmucosal (beiTumor-Durchbruchschmerzen)• Parenteral: rascher Wirkungseintrittund gut steuerbare Analgesie • Große therapeutische Breite,geringer Einfluss auf Kreislauf • Transdermal (Pflaster): LangeWirkdauer• Verzögertes Wirkungsmaximum, geringere Obstipation•Mittlere Tagestherapiekosten (nach definierten Tagesdosen DDD):

    3,80 € (transdermal), für parenterale und orale Verabreichungsind keine Tagesdosen definiert

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    Differenzierter Einsatz von Opioiden - Fentanyl

  • Buprenorphin – WHO-Stufe III

    • Stark wirkendes Opioid bei starken Schmerzen• PartiellerAntagonist (höheres Sicherheitsprofil)• Geringe obstipierende undmiktionsbehindernde Wirkung• Vorteilhafte respiratorischePharmakodynamik• Vorteilhafte Anwendung bei älteren Patienten•Oral, parenteral und transdermal verfügbar • Pflaster wirkt bis zusieben Tage• Verfügbarkeit von Dosen zwischen 5 und 70 µgerleichtert individ. Therapie• Auch zur Substitutionstherapiezugelassen

    (Cave: Zulassung „zur Substitution“ beachten)• MittlereTagestherapiekosten (nach definierten Tagesdosen DDD): 5,80 €

    (Pflaster), 1,90 € (sublingual)

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    Differenzierter Einsatz von Opioiden - Buprenorphin

  • Tapendadol – WHO-Stufe III

    • Agonist am μ-Opioidrezeptor

    • Selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer

    • Behandlung von mittelstarken und starken Schmerzen

    • Analgetische Potenz von Tapentadol zwischen Tramadol undMorphin

    • Unklarer Stellenwert, möglicherweise etwas bessereVerträglichkeit: Weniger opioid-typische Nebenwirkungen (z. B.Obstipation)?

    • In Form von Retardtabletten und mit sofortigerWirkstofffreisetzung verfügbar

    • Mittlere Tagestherapiekosten (nach definierten TagesdosenDDD): 10,80 €

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    Differenzierter Einsatz von Opioiden - Tapendadol

  • Levomethadon – WHO-Stufe III

    • Behandlung starker Schmerzen

    • Palliativmedizin: Bei therapieresistenten Schmerzen

    • Wenig emetogen

    • Langsame Elimination und Kumulationsrisiko

    • Gehört in die Hand eines erfahrenen Behandlers

    • Schwierige Dosisfindung nach Umstellung auf Levomethadon

    • Wirkstoff ist neben Schmerzbehandlung auch zurSubstitutionstherapie zugelassen (Achtung: Zulassung zurSubstitution beachten)

    • Mittlere Tagestherapiekosten (nach definierten TagesdosenDDD): 2,85 €

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    Differenzierter Einsatz von Opioiden - Levomethadon

  • Opioid-Rotation: Wann ist ein Wechsel sinnvoll? (1)

    • Inadäquate Analgesie• Opioid-Rotation auch nach Jahrensinnvoll, wenn Wirkungsverlust beobachtet

    wird• Therapieresistente Übelkeit und weitere Opioid bedingteUAW• Medikamenteninteraktionen • Opioid-induzierte Hyperalgesie(durch abruptes Sinken des Plasmaspiegels)

    Im Unterschied zur Toleranzentwicklung handelt es sich bei derOpioid-induzierten Hyperalgesie um eine plötzlich einsetzendeAbsenkung der Schmerzschwelle. Die Lokalisation des Schmerzeserstreckt sich auch jenseits des vorbestehenden Schmerzareals.

    35

    Eine Möglichkeit ist die sogenannte Opioid-Rotation, also derSwitch auf einen anderen Wirkstoff. Dazu muss zunächst die aktuelleOpioid-Dosis anhand einer Äquivalenztabelle in Morphin-Äquivalenteumgerechnet werden. Die passende Äquivalenzdosierung wird nachUmrechnungstabellen berechnet. In der Regel beginnt man mit 50 bis75 % der errechneten Dosis (Korrekturfaktor).

  • 36

    Was beachten?• Große intraindividuelle Variabilität,•Korrekturfaktor bei Einstellung

    (s.o.)• Bei Toleranzentwicklung nicht

    mehr als zwei Opioidwechsel

    Häuser et al., LONTS-Leitliniehttps://www.dgss.org/fileadmin/pdf/LONTS_Praxiswerkzeug_09.pdf

    Beispiel zur Umstellung von Stufe II auf Stufe III-Opioid:• 400mg Tramadol (oral)

    entspricht 40 mg Morphin (oral), • nach Korrektur: Einstellungmit

    20 mg (2 x 10 mg) Morphin (oral)

    *) Überschreiten der empfohlenen Höchstdosis

    Opioid-Rotation: Wann ist ein Wechsel sinnvoll? (2)

  • Opioid-Rotation: Wann ist ein Wechsel sinnvoll? (3)

    37Häuser et al., LONTS-Leitliniehttps://www.dgss.org/fileadmin/pdf/LONTS_Praxiswerkzeug_09.pdf

    *) Überschreiten der empfohlenen Höchstdosis

    **) Dosis nicht in retardierter Form verfügbar

  • Eine Besonderheit: Behandlung mit Schmerzpflastern

    Transdermale therapeutische Systeme (TTS) ermöglichen eine langanhaltende Schmerzlinderung und stellen eine wichtigeTherapieoption bei chronischen Schmerzen dar.

    Es gibt zwei Pflastertypen:

    • Matrixpflaster (der Wirkstoff ist in selbstklebendeMatrixschicht eingebettet)

    • Reservoirpflaster = Membranpflaster (gelförmigeWirkstoffzubereitung, Steuerung der Freigabe durch Membran),Reservoirpflaster sind auffälliger

    Es stehen Schmerzpflaster mit Fentanyl und Buprenorphin zurVerfügung.

    Alle Pflaster sind „überladen“, um eine konstanteWirkstofffreigabe über mehrere Tage zu gewährleisten.

    In Arztpraxis und Apotheke ist eine detaillierte Anleitung desPatienten zum Umgang mit Schmerzpflastern (Handhabung undEntsorgung) notwendig.

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  • • Keine Verordnung an opioidnaive Patienten.

    Bei niedrig dosierten Buprenorphin-Pflastern (5µg/h) genügt es,wenn der Patient zuvor ein niedrig potentes Opioid (wie Tilidin)erhalten hat.

    • Keine unmittelbare Wirkung bei Akutschmerzen (Latenzzeit: 12bis 24 Std)

    • Gegen Schmerzspitzen bei Tumorpatienten kann zusätzlich einschnell-wirksames Präparat verordnet werden.

    • Bei Intoxikation: 24-stündige Überwachung erforderlich(Ursache: Wirkstoffdepot unter der Haut).

    • Pflaster sind keine „Wundermittel“ zur Schmerzbehandlung.

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    Was ist bei Verordnung von Schmerzpflastern zu beachten? (1)

  • • Wärme (Sonne, Saunabad, Fieber, Thermalbad etc.) verstärkt dieWirkung

    • Nicht schneiden (besonders wichtig beiReservoirpflastern)!

    • Geeignet für Patienten mit Dauerschmerzen und gleichmäßigemOpioid Bedarf

    • Geeignet für Patienten mit Schluckbeschwerden

    • Nicht als First-Line-Therapie für Patienten mit degenerativbedingten Schmerzen

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    Was ist bei Verordnung von Schmerzpflastern zu beachten? (2)

  • Prävention von Missbrauch• Keine vorschnelle Verordnung, sondernsorgfältiges Abwägen, ob Therapie

    mit Pflaster sinnvoll ist.

    • Sorgfältige Aufbewahrung und Entsorgung zur Vorbeugung vonMissbrauch: Drogenabhängige durchsuchen gezielt die Abfälle vonKliniken und Altenheimen nach gebrauchten Fentanyl-Pflastern. Siekochen die Pflaster aus, um den Wirkstoff zu lösen und intravenöszu inji*zieren.

    • (Gebrauchte) Pflaster sind auch gefährlich für Kinder undHaustiere.

    • Gefahr von Ärztehopping, Rezeptfälschung und Fehlversorgung(Sucht): Kontrolle / Nachberechnung der Reichweite derVerordnung

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    Fentanyl-Pflaster werden nach 3 Tagen, Buprenorphin-Pflaster (jenach Präparat) nach 4 Tagen oder nach 7 Tagen gewechselt.

    Was ist bei Verordnung von Schmerzpflastern zu beachten? (3)

  • Alarmierende Verordnungszahlen:• Von 35.262 Erstanwendern vonFentanylpflastern waren 84,5 %

    opioidnaiv!

    • Bei 72,5 % war keine Diagnose dokumentiert, die einen Vorzugvon Pflastern gegenüber oraler Therapie rechtfertigt.

    • 71 % erhielten zu Beginn nicht die niedrigste Wirkstärke (12,5mg).

    42Garbe, E., Pharmacoepidemiology and drug safety (2012)

    Beratung von Patienten mit Schmerzpflastern (1)

  • 43

    Tabelle: Information und Beratung von Patienten mitSchmerzpflastern

    Thilo Bertsche, Hamid Ghaderi, Hubert J. Bardenheuer und WalterE. Haefeli, PZ 20/2006

    Beratung von Patienten mit Schmerzpflastern (2)

  • 44

    Tabelle: Information und Beratung von Patienten mitSchmerzpflastern

    Thilo Bertsche, Hamid Ghaderi, Hubert J. Bardenheuer und WalterE. Haefeli, PZ 20/2006

    Beratung von Patienten mit Schmerzpflastern (3)

  • Der „Morphin-Mythos“: Süchtig durch Schmerzmittel? (1)

    Leider sind trotz der besprochenen Überverordnung nach wie vorSchmerz-patienten nicht ausreichend versorgt.

    Korrekt eingesetzt sind Opioide wichtige, unersetzlicheArzneimittel und sollten keinem Patienten mit starken Schmerzenvorenthalten werden.Wichtig jedoch: Es gibt Patienten mit"stärksten Schmerzen“, für die Opioide nicht indiziert sind(somatoforme Schmerzstörungen, Fibromyalgie etc.).

    Retardierte Opioid Analgetika verursachen bei langfristigerAnwendung keinen „Kick“ und lösen keine psychische Abhängigkeitaus. Der Patient erfährt nicht primär die euphorisierende, sonderndie analgetische Wirkung des Opioids.

    45

  • Wenn es doch passiert: Anzeichen von Missbrauch oderAbhängigkeit

    • Einnahme-Unregelmäßigkeiten

    • Unkontrollierte Dosissteigerungen

    • Wiederholter Rezeptverlust

    • Verdacht auf Ärztehopping

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    Was tun im Fall einer Opioid-Abhängigkeit?

    • Ausschleichen unter fachärztlicher Begleitung (Sucht- oderSchmerzmediziner)

    • Individuelle Entscheidung (bei zu erwartender geringerRest-Lebenszeit)

    Der „Morphin-Mythos“: Süchtig durch Schmerzmittel? (1)

  • • Co-Analgetika: Werden gemeinsam mit einem Analgetikum (oderalleine) verabreicht. Dienen zur Unterstützung der Analgesie z.B.bei neuropathischem Schmerz, oder zur Behandlung der Nebenwirkungenvon Analgetika.

    • Co-Analgetika: Nicht fest einer Stufe im WHO-Stufenschemazugewiesen; können in jeder Stufe des Schemas bedarfsadaptierteingesetzt werden.

    • Einige Co-Analgetika: Zugelassen für chronische Schmerzen undNervenschmerzen (Gabapentin und Pregabalin), viele werden hingegenoff-label eingesetzt.

    • Co-Analgetika: Hoher Stellenwert im Einsatz bei somatoformenSchmerzen oder Fibromyalgie, alleine oder in Kombination mitperipher wirksamen Analgetika.

    47

    Co-Analgetika

  • Wichtig ist die Aufklärung des Patienten über den Einsatz derCo-Analgetika und deren Wirkungsweise, da die Hauptindikationenvieler Vertreter in anderen Bereichen liegen (Antidepressiva,Antikonvulsiva). Sonst könnte der Patient bei fehlender Aufklärungnach Durchlesen des Beipackzettels über seine Diagnosenverunsichert sein.

    48

    Co-Analgetika – Aufklärung des Patienten

  • Folgende Medikamente werden zur Unterstützung der Analgesieeingesetzt:

    • Trizyklische Antidepressiva: Amitriptylin, Doxepin,Clomipramin u. a.

    • Einsatzgebiet: z. B. neuropathischer Schmerz, bessereSchmerzbewältigung

    • Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI):Duloxetin, Venlafaxin u. a.

    • Einsatzgebiet: Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie

    • Antikonvulsiva: Gabapentin, Pregabalin, Carbamazepin u. a.

    • Einsatzgebiet: neuropathischer, lanzierender Schmerz

    49

    Co-Analgetika – Medikamente zur Auswahl (1)

  • • Muskelrelaxanzien: Methocarbamol, Baclofen u. a.

    • Einsatzgebiet: krampfartiger neuropathischer Schmerz,Phantomschmerz, Spastik

    • Glucocorticoide: Dexamethason u. a.

    • Einsatzgebiet: antiemetisch, antiphlogistisch (rheumatischeSchmerzen) und antiödematös

    50

    Verordnung Antiemetika und Laxantien zur Behandlung Opioidtypischer Nebenwirkungen.

    Benzodiazepine und Z-Substanzen sind keine Co-Analgetika unddürfen nicht als Therapieoption bei insuffizienter Schmerztherapieeingesetzt werden!

    Co-Analgetika – Medikamente zur Auswahl (2)

  • • Seit 2004 zugelassen zur Behandlung von Epilepsie,neuropathischen Schmerzen und generalisierten Angststörungen

    • GABA-erge Eigenschaften (ähnlich wie bei Benzodiazepinen)

    • Hohes Missbrauchspotenzial in der Drogenszene („Kick“ beiÜberdosis, besonders in Kombination mit Alkohol)

    • Häufige Rezeptfälschungen und Ärztehopping durch dieAnwender

    51

    Vor Verordnung unbedingt beachten:Klare Indikationsstellung, beiBedenken keine VerordnungÜbliche Dosierung: 300 mg/die, max. 600mg/die > Überprüfung der ReichweiteGefahr der Mehrfachverordnung/ des Missbrauchs kennen („Hopper“)

    A.T.I., Arznei-Telegramm 37, 52 (2006), Schwan, S. et al., Eur.J. Clin. Pharmacol. 66, 947 (2010)

    Co-Analgetika – Missbrauch von Pregabalin

  • 52

    Prinzip der Multimodalen Schmerztherapie

  • • Die Multimodale Schmerztherapie (MMST) versteht sich alsinhaltlich, zeitlich und in der Vorgehensweise abgestimmteumfassende Behandlung von Patienten mit chronifiziertenSchmerzsyndromen.

    • Neben der medikamentösen Behandlung erfolgen in einemabgestimmten Behandlungsplan verschiedene Therapien, körperlich undpsychologisch übende sowie psychotherapeutische Verfahren, wobeidie multimodale Schmerztherapie alle Behandlungsteile nahezugleichwertig nebeneinander stellt.

    • Neben der aktiven Übung sowie intensiver Information undSchulung, welche dem Patienten ein zunehmend kompetentesSelbstmanagement vermitteln, werden passive Maßnahmen dabei nur beigesonderter Indikation in Einzelfällen eingesetzt.

    53

    Multimodale Schmerztherapie

  • Bei allen Konzepten gegen den Ärztemangel muss gewährleistetsein, dass die Patienten eine Betreuung auf Facharztniveauerhalten.

    „Die Substitution ärztlicher Tätigkeit und die Lockerung desArztvorbehaltes für Diagnostik und Therapie lehnen wir im Interessevon Patientensicherheit, Versorgungsqualität und Rechtssicherheitstrikt ab.“

    Frank Ulrich Montgomery, Bundesärztekammer (2012)1

    Betäubungsmittelgesetz § 13 (Abs. 1)

    „Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten undTierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einerärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlungeinschließlich der ärztlichen Behandlung einerBetäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zumunmittelbaren Verbrauch überlassen werden, wenn ihre Anwendung …begründet ist.“

    54https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/47592/Bundesaerztekammer-pocht-auf-Facharztstandard

    Facharztstandard und rechtlicher Hintergrund:

  • 55

    Zusammenfassung / Take-Home Messages

  • 56

    • Schmerz ist ein komplexes Geschehen. Bei chronischem Schmerzsollen bio-psycho-soziale Aspekte erwogen werden.

    • Eine monomodale Therapie mit Opioiden sollte nach spätestensdrei Monaten überdacht werden.

    • Für die Langzeitanwendung sind Opioide mit retardierterGalenik oder langer Wirkungsdauer zu bevorzugen und entsprechendder pharma-kologischen Wirkungszeit nach festem Zeitschemaeinzusetzen.So sollten Einzeldosis und Frequenz der Einnahme gutkontrolliert und gegebenenfalls eine Anpassung der Basistherapiedurchgeführt werden.

    • Ein zusätzliches, oral zu applizierendes Bedarfsmedikament füraufgesetzte Schmerzattacken kann im Einzelfall auch bei guteingestellter Dosierung sinnvoll sein.

    Zusammenfassung / Take-Home Messages (1)

  • 57

    • Die Verordnung eines Opioids sowie anderer Medikamente zurSchmerz-therapie (Co-Analgetika und Adjuvantien) sollte in der Handeines einzelnen Arztes bleiben, um einem Missbrauch oder einerMehrfachverschreibung psychotroper und analgetischer Medikamentevorzubeugen. Sollte sich ein Missbrauch bestätigen, muss eineEntzugsbehandlung eingeleitet werden.

    • Vom Grundverständnis der psychischen Abhängigkeitsentwicklungbestehen keine Unterschiede zwischen Opioiden und anderenMedikamenten mit Suchtpotenzial, beispielsweise Benzodiazepinen.Opioide haben aufgrund ihrer potenziell euphorisierenden odersedierenden Wirkung ein höheres Abhängigkeits- undMissbrauchspotenzial als Nicht-Opioidanalgetika.

    • Eine Opioidrotation ist der Dosiseskalation vorzuziehen.

    • Die Indikation für transdermale Systeme ist mit Bedacht zustellen und sollte nicht dem „Pflastermythos“ unterliegen.

    Zusammenfassung / Take-Home Messages (2)

  • 58

    • Jede langfristige Anwendung von Opioiden beinichttumorbedingten Schmerzen soll von einer regelmäßigen Schmerz-und Nebenwirkungs-dokumentation begleitet sein, aus derVeränderungen unmittelbar hervorgehen. Zur Objektivierung dientauch die Selbsteinschätzung des Patienten, ergänzt durch eineFremdeinschätzung.

    • Auf eine weitere Opioidanwendung sollte verzichtet werden,wenn sich nach angemessener Titrationsszeit und nach Opioidwechsel(innerhalb von etwa vier Wochen) keine günstigen Wirkungen zeigen(Nonresponder) oder eine gleichbleibende Schmerzreduktion auf Dauernur mit kontinuierlicher Dosissteigerung zu erreichen ist.

    • Die Nebenwirkungen einer Opioidanwendung sind zu kontrollierenund möglichst systematisch zu behandeln. Die Obstipation bleibt beivielen Patienten auch nach langer Anwendungsdauer bestehen und istmeistens während der gesamten Dauer zu behandeln.

    Zusammenfassung / Take-Home Messages (3)

  • 59

    Links und Literatur

  • Links und Literatur (1)

    • AWMF S3-Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nichttumorbedingten Schmerzen (LONTS)“ https://www.awmf.org

    • Ludwig, W. et al. (Hrsg.): Schmerztherapie mit Opioiden, DerArzneimittelbrief 45 (2011),https://www.der-arzneimittelbrief.de/nachrichten/schmerztherapie-mit-opioide

    • Häuser, W.: Opioide als Langzeittherapie?https://www.allgemeinarzt-online.de/archiv/a/opioide-als-langzeittherapie-1693962

    • Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien, Frauen undSeniorenBWhttps://sozialministerium.baden-uerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Downloads_Medizinische_Versorgung/Broschuere_Patientenratgeber_Schmerz_Maerz_2013.pdf

    • Deutsche Schmerzliga,https://schmerzliga.de/broschueren.html

    60

  • • Zenz, M., Jurna, I.: Lehrbuch der Schmerztherapie: Grundlagen,Theorie und Praxis für Aus- und Weiterbildung, WissenschaftlicheVerlagsgesellschaft Stuttgart, ISBN 9783804718050 (2001),

    • Pallenbach, E. „Die stille Sucht - Missbrauch und Abhängigkeitvon Arzneimitteln“, Wissenschaftliche VerlagsgesellschaftStuttgart, ISBN 978-3-8047-2506-5 (2009),http://www.die-stille-sucht.de,

    • KV Berlin, Pregabalin (Lyrica) bei neuropathischen Schmerz,http://kvbe.dgn.de/20praxis/50verordnung/10arzneimittel/lyrica_090527.pdf

    • AWMF-Leitlinie Fibromyalgiehttps://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/145-004.html •AWMF-Leitlinie zum Umgang mit Patienten mit funktionellenStörungen

    https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/051-001k_S3_Nicht-spezifische_funktionelle_somatoforme_Koerperbeschwerden_2012-abgelaufen.pdf

    • Richling, I., Rose, O.: „Pharmakotherapie bei chronischenSchmerzen“, Deutsche Apothekerzeitung 40, 43-55 (2018)

    61

    Links und Literatur (2)

Der Schmerzpatient in der Arztpraxis: Eine Herausforderung · 2020. 3. 11. · • Identifikation von Schmerzpatienten und Lokalisation von Schmerz • Schmerzbehandlung bei Tumor- - [PDF Document] (2024)

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